Unter dem Motto „Es gibt 1000 Mouhameds. Sie verdienen Gerechtigkeit!“,
gedachten rund 2500 Menschen dem im August von der Dortmunder Polizei
ermordeten Mouhamed Lamine Dramé. Außerdem wurde deutlich gemacht: Es
handelt sich um ein strukturelles Problem, nicht um einen Einzelfall.
Friedlich, aber kraftvoll und lautstark kamen unterschiedliche
Initiativen aus dem ganzen Bundesgebiet zusammen, die sich kritisch mit
dem gewalttätigen Vorgehen der Polizei und den dahinterliegenden
rassistischen und autoritären Strukturen beschäftigen und Aufklärung für
zahlreiche, durch Einsätze verursachte Todesfälle fordern.
Die vom Bündnis Justice4Mouhamed organisierte Demonstration startete an
den Katharinentreppen gegenüber des Dortmunder Hauptbahnhofs mit einem
emotionalen Redebeitrag der Familie Dramé. Die Familie ist traurig und
schockiert. „Unsere Mutter ist seit Mouhameds Tod in einem Zustand der
Untröstbarkeit. Unser Vater ist nach seinem Verschwinden in einem
Schock.“ Dass der Fall Mouhamed die Dortmunder Stadtbevölkerung zutiefst
beschäftigt, wurde durch Redebeiträge der lokalen afrikanischen
Community deutlich. Auch nach drei Monaten trifft die Brutalität der
Polizei, insbesondere der Wache Nord, auf Unverständnis und Wut.
Die durch Hamburger Gitter abgeriegelte Nordwache ist war auch der erste
Stopp des Demonstrationszuges. Das Demobündnis fordert die Schließung
der Nordwache. Bereits seit längerer Zeit steht die Nordwache in der
Kritik für unverhältnismäßige verbale und physische Gewalt. Vor allem
Vorwürfe des Rassismus werden immer wieder aus dem Viertel erhoben.
Die Recherchegruppe Death in Custody betonte hier in ihrem Grußwort, wie
wichtig eine zivilgesellschaftliche Gegendarstellung zu den
polizeilichen Narrativen ist und dass Initativen hartnäckig den
öffentlichen Druck aufrecht erhalten müssen. Durch akribische
Dokumentionsarbeit zu rassistisch motivierten, tödlichen
Polizeieinsätzen trägt das Netzwerk maßgeblich zur Sichtbarkeit dieser
bei. Es wird deutlich: Es braucht Alternativen zur Polizei. Dies betonte
im Anschluss ebenfalls das Forum gegen Polizeigewalt und Repression,
welches keine Reformen, sondern transformative Gegenentwürfe fordert.
Unter lautstarker Begleitung durch Parolen, welche die Polizeipraxis
skandalisierten, ging es durch die Nordstadt Richtung Dortmunder U. Dort
folgte unter anderem eine beeindruckende Rede der Initiative Oury
Jalloh. Diese kämpft seit 17 Jahren für den in einer Gewahrsahmszelle
verbrannten Oury Jalloh. „Wir werden einen langen Atem brauchen, um
Missstände aufzudecken und die Öffentlichkeit zu erreichen. Dabei sehen
wir die Initiative Oury Jalloh als inspirierende Verbündete.“, äußert
Sarah Claßmann, Sprecherin des Solidaritätskreises.
Der kaum beachtete Todesfall eines Obdachlosen vor einem Monat, dessen
Name bis heute nicht bekannt ist, wurde durch die
Bürger*innen-Initiative „Schlafen statt Strafen“ aufgegriffen. Der Mann
starb nach dem Einsatz eines Tasers, die seit 2020 in Dortmund
regelmäßig Anwendung finden. Die Initiative macht deutlich, wie
unprofessionell die Institution Polizei mit Menschen in Krisen- und
Notsituationen umgeht. „Gerade vulnerable Gruppen, die keine Stimme
haben sind besonders heftig Polizeigewalt ausgesetzt. Diese
klassistische Praxis kritisieren wir zutiefst!“, skandalisiert die
Rednerin. Die Ermittlungen gegen die Polizei sind in diesem Fall
vorerst eingestellt.
Für viel Interesse der Innenstadtbesuchenden sorgte der
Demonstrationszug auf dem Westenhellweg. Die zahlreichen Schilder mit
den Gesichtern der Opfer und den Rufen nach Gerechtigkeit zogen die
Aufmerksamkeit von Passant*innen auf sich. Viele drückten ihre
Zustimmung aus und applaudierten.
Bei der Abschlusskundgebung auf dem Friedensplatz sprach die Mutter des
2020 in Amsterdam ermordeten Sammy Baker, mit welcher der
Solidaritäskreis im Austausch steht. Viele Menschen zeigten sich zu
Tränen gerührt. „Wir sind sehr ergriffen von den persönlichen Worten und
bewundern die Stärke und Ausdauer der Familie“, so Sarah Claßmann.
Der Solikreis resümiert: „Wir sind überwältigt von der großen
Beteiligung. Die bundesweite Vernetzung mit anderen Initiativen ist eine
gute Voraussetzung für Aufmerksamkeit unserer Anliegen. Auch in Zukunft
kämpfen wir gemeinsam gegen Polizeigewalt. Unsere Arbeit geht auch nach
der heutigen Demonstration weiter.“