AUFRUF ZUR BUNDESWEITEN DEMONSTRATION am 12.08.2023

Demoplakat mit der Aufschrift "Es gibt 1000 Mouhameds. Sie verdienen Gerechtigkeit! Der Jugendliche Mouhamed Lamine Dramé wurde am 8.8.23 von der Polizei erschossen. Datum der Demonstration: 12.08.2023 Mehr Infos in Kürze, stay tuned. Ein Jahr danach. Bundesweite Demonstration Dortmund

#EsGibt1000Mouhameds – Sie verdienen Gerechtigkeit – Ein Jahr später

Liebe Freund*innen, liebe Mitstreiter*innen,

der Solidaritätskreis Justice4Mouhamed ruft für den 12.08.2023 zu einer bundesweiten Gedenkdemonstration in Dortmund, anlässlich der sich jährenden Tötung Mouhamed Lamine Dramés durch die Polizei, auf.

Am 08.08.2022 wurde der 16-jährige Mouhamed Lamine Dramé von der Dortmunder Polizei erschossen, nachdem er weniger als eine Sekunde zuvor bereits mit einem Taser und davor mit einer Flasche Pfefferspray attackiert wurde.

Der aus dem Senegal nach Deutschland geflüchtete Mouhamed befand sich zu diesem Zeitpunkt in einer psychischen Ausnahmesituation. Er saß, sich ein Messer an den Bauch haltend, im Innenhof einer Jugendeinrichtung, welche aus Angst, er könne sich etwas antun, die Polizei rief. Der Einsatz endete tödlich. Wir fordern Gerechtigkeit!

Lügen der Polizei!
Die Polizei versuchte von Anfang an bewusst den Hergang ihrer Tat zu vertuschen und behinderte systematisch die Aufklärung. Zudem stellte sich Innenminister Herbert Reul schützend hinter die Beamt*innen, indem er ohne zu hinterfragen die Schilderungen des Polizeiberichts übernahm. Mouhamed wurde als aggressiver Gewalttäter und das Handeln der Polizei als Notwehr dargestellt. Dies ist eine Lüge! Durch den öffentlichen Druck sind immer wieder neue, rassistische und menschenverachtende Beweise bekannt geworden: Die Polizei tötete Mouhamed, von dem keine Gefahr ausging, und eskalierte eine statische Situation! Nun sind die verantwortlichen Polizist*innen angeklagt; ein Präzedenzfall! 

Es gibt keine Einzelfälle!
Der Mord an Mouhamed Lamine Dramé wurde versucht als Einzelfall darzustellen. Auch hier versuchte und versucht die Polizei zu verdecken und zu vertuschen. 
Es gibt eine Reihe an rassifizierten Menschen, Personen in psychischen Ausnahmezuständen und solchen in deprivierten Lebenslagen, die einmal mehr Opfer von mitunter tödlicher Polizeigewalt werden. Wir verweisen hier auf die Dokumentation von Death in Custody. Wir sehen: Es geht hier um institutionellen Rassismus und Klassismus! Die Ermordung Mouhameds hat Struktur!

Defund & Abolish the Police!
Tödliche Polizeigewalt stellt die Spitze der Eskalation dar. Alleine 2022 gab es in Deutschland mindestens 36 Fälle tödlicher Polizeigewalt, wie die Bochumer Initiative topa aufzeichnet. Darüber hinaus finden tagtäglich rassistische Kontrollen, Schickanierungen (sowohl im privaten als auch auf der Straße), sowie gewalttätige Übergriffe durch die Polizei im Zusammenhang ihrer Einsätze statt.

Wir brauchen andere Strukturen der gegenseitigen Unterstützung, Solidarität und Sorge umeinander. Keinen repressiven Polizeistaat.
Die Polizei zu rufen bedeutet keine Sicherheit!

Polizeigewalt tötet!
Wir wollen gemeinsam weiter für Gerechtigkeit für Mouhamed Lamine Dramé kämpfen und am 12. August gemeinsam in Dortmund auf die Straße gehen, um Mouhamed und all den Betroffenen von Polizeigewalt zu gedenken und ein starkes Zeichen gegen rassistische Polizeigewalt zu setzen!

Erinnern heißt kämpfen!

Wir möchten unsere Erinnerungsarbeit an Mouhamed und alle Opfer tödlicher Polizeigewalt fortsetzen und fordern:

– eine lückenlose Aufklärung!
– Humanitäre Visa für die Gerichtstermine für Mouhameds Familie sowie für alle Angehörigen der Opfer tödlicher Polizeigewalt, die im Ausland leben und das Aufkommen für die Kosten durch den Staat
– Etablierung einer unabhängigen Beschwerde- und Kontrollinstanz gegenüber der Polizei
– Ausbau von niedrigschwelligen Angeboten und Anlaufstellen für Menschen in Not- und Krisensituationen
– Rücknahme des Polizeigesetzes NRW und den Einsatz von Tasern und Pfefferspray
– Abschaffung der Polizei und der Wache Nord

NO JUSTICE – NO PEACE!

Justice4Mouhamed – Es gibt 1000 Mouhameds!

#justice4mouhamed #KeinEinzelfall #Polizeiproblem #SayTheirNames #Polizeigewalt #Rassismus #do1911 #Dortmund #justice4mouhamed #Polizei #topa #1000mouhameds #EsGibt1000Mouhameds! #NoJusticeNoPeace #BlackLivesMatter #ViolencesPolicieres #keinvergebenkeinvergessen

JETZT REICHT ES! „Stoppen sie alles!“

Statement der Familie Dramé zur Instrumentalisierung der Ermordung Mouhameds durch die MLPD (und ihrer Tarnorganisationen).

Bereits unmittelbar nach der Ermordung Mouhameds wurde deutlich, dass die MLPD (sowie der sog. „Freundeskreis Flüchtlingssolidarität“, welcher nichts weiter ist als ein MLPD-Freundeskreis) alles daran setzt, den Fall und damit den Tod eines jungen Menschen, für ihre ganz eigenen politischen Zwecke zu instrumentalisieren. 

Bereits in unseren ersten Kontakten zur Familie Dramé wurde deutlich, dass sie keine parteipolitische oder ideologische Instrumentalisierung wünschen. Dem haben wir uns in unserer Arbeit von Anfang an verpflichtet gefühlt.

Mouhameds Leiche war noch nicht unter senegalesischer Erde, da torpedierte die MLPD Bündnisabsprachen, stellte den Solidaritätskreis wenige Wochen nach seiner Gründung vor die Zerreißprobe. Nach der Trauerfeier in einer Dortmunder Moschee, schafften sie es, sich mit einem Banner „gegen Antikommunismus“ an die Spitze einer von BPOCs organisierten Demo zu setzen. Beleidigungen, Bedrohungen, öffentliche Diffamierungen sowie der Versuch von falschen Spielen im Hintergrund störte die ansonsten deutschlandweit solidarische, breit organisierte und kraftvolle Bewegung.

An dieser Stelle soll es nun aber nicht darum gehen, jede Verfehlung der MLPD sowie ihrer Vorfeldorganisationen und deren Mitglieder erneut aufzulisten – nun geht es um die Familie Dramé.

Nach dem formalen Ausscheiden aus dem Solidaritätskreis (da Personen sich nicht einverstanden zeigten, ihre Organisation in den Hintergrund zu stellen) formierten oben genannte Gruppen und Personen einen eigenen „Freundeskreis Mouhamed“ und versuchten mit ihm, in unserem Windschatten zu segeln. Es ging so weit, dass auf allen erdenklichen Wegen versucht wurde direkten Draht zur Familie Dramé im Senegal aufzunehmen – mit erheblich gelogenen Vorwänden, Bezügen zum Fall und unserer Arbeit als Solidaritätskreis.

In den letzten Wochen spitze sich dies eklatant zu: Mit perfiden Methoden, u.a. wiederholten Kontaktaufnahmen über verschiedene Wege, Nummern und Personen, wurde versucht Druck auf die Familie Dramé aufzubauen. Ziel dessen: Die Familie dazu zu bringen, unter von der MLPD vorgegebenen Bedingungen, eine Vollmacht zu unterschreiben. Mit dieser Vollmacht der MLPD-nahen Kanzlei „Meister & Partner“ [1] hätte die Familie vermutlich Rechte und Ermächtigungen rund um den Tod ihres Sohnes und Bruders abgetreten. Sollte die Auszahlung gesammelter Spendengelder in einen Zusammenhang mit der Unterzeichnung der Vollmacht gestellt worden sein, zeigt dies, wie weit der Kreis dieser Personen  zu gehen bereit ist.

Bereits seit Monaten organisieren diese Kreise ohne jegliche Zustimmung und Inkenntnissetzung der Familie Veranstaltungen und Feste im Namen Mouhameds. Dabei sammeln sie Spenden, über deren Verwendungszweck sich nun ein klares Bild zu ergeben scheint.

Am heutigen Samstag (06. Mai 2023) soll nun ein „Fußballturnier Freundeskreis Mouhamed Lamine Dramé“ in Dortmund stattfinden. Bereits Ende März formulierte die Anwältin der Familie Dramé, Lisa Grüter, einen Brief, indem sie klarstellte, dass diese Veranstaltung nicht im Namen der Familie Dramé stattfinden kann und sollte. Daraufhin begann dann auch die oben beschriebene Zuspitzung in den Kontaktversuchen in den Senegal.

Nun erreichte uns ein Video, aufgenommen vom Bruder Mouhameds Sidy Dramé, welches wir hiermit veröffentlichen:

https://www.instagram.com/p/Cr4PuljvKPa/

Hier klicken, um den Inhalt von Twitter anzuzeigen.
Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von Twitter.

In diesem stellt Sidy, als Verantwortlicher der Familie Dramé, ein für alle Male klar, wie die Familie zu Vereinnahmungen durch die MLPD und ihrer nahestehende Gruppen und Personen steht. Uns, als Solidaritätskreis Justice4Mouhamed, schmerzt es sehr, dass dies überhaupt notwendig wurde und die Hinterbliebenen im Senegal sich mit derart belastenden und pietätlosen Belästigungen konfrontiert sahen. Wir sagen: Jetzt reicht es!

Und um es mit Sidys Worten zu sagen:

Dies richtet sich an die MLPD: Ich möchte, dass sie alles [im Namen Mouhameds] stoppen. Alles unterlassen!“

Dortmund, der 06. Mai 2023

Solidaritätskreis Justice4Mouhamed im Namen der Familie Dramé

Quelle [1]:

https://www.mlpd.de/2022/04/220419-pressemitteilung-naechste-runde-gegen-die-commerzbank.pdf

Hier noch eine weitere Einschätzung zur Thematik:

Hier klicken, um den Inhalt von www.belltower.news anzuzeigen

Und hier der übersetzte Wortlaut der Botschaft Sidys:

Guten Abend! Hallo liebe Freund*innen, wie geht es euch?
Ich spreche als Verantwortlicher im Namen der Familie
als großer Bruder von Mouhamed Lamine Dramé. Ich möchte ihnen etwas wichtiges mitteilen.
Dies richtet sich an die MLPD, der Gruppe zu der Alassa [Fouapon] gehört. Ich möchte, dass sie alles [im Namen Mouhameds] stoppen. Alles unterlassen!
Wir haben unsere Anwältin an unserer Seite: Lisa Grüter. Sie ist die Anwältin der Familie Dramé. Hinter ihr steht noch jemand, er heißt William Dountio. Er ist der Sprecher der Familie Dramé. Kontaktieren sie ihn oder Lisa Grüter für alles was sie wissen wollen.
Und an die MLPD und Alassa [Foupon]: Wir werden euch keine ,,Feu vert‘‘ [Keine Vollmacht; kein grünes Licht] erteilen. Wir erteilen euch keine Erlaubnis. Wir haben euch noch NIE eine Erlaubnis für irgendwas erteilt. Kontaktieren sie für alle Angelegenheiten Lisa oder William.
Vielen Dank, das war alles!

5 policier.e.s accusés après la mort de Mouhamed Lamine Dramé

 Le 14.02. il y a eu des nouvelles dans le cas de Mouhamed Lamine Dramé, après que le jeune a été tué par la police le 08.08.22.  

 La publication des résultats des investigations a été reportée à plusieurs reprises et est désormais disponible aujourd’hui, au lieu de fin octobre comme annoncé. 

 L’accusation est la suivante 

 La mort de Mouhamed est un homicide, commandé par le chef de l‘opération, accompagné par coups et blessures. Selon la presse, à part le tireur, accusé d‘homicide, le chef de l‘opération sera accusé à cause de l‘incitation à la violence physique. En plus trois autres policier.e.s sont accusés de la violence physique avec des coups et blessures.  

 Nous considerons ceci un succes dans la réflexion critique de la violence policière létale. 

 „Les accusations ne sont que la conséquence logique depuis les faits connus dans le cas de Mouhamed. Nous sommes convaincus que ceci est aussi une acquisition sociétaire après la pression publique qu’on a pu monter dans ces mois derniers.“ dit Sarah Claßmann, attaché de presse du groupe de solidarité. 

 Les resulats des investigations coïncident avec les evaluations des criminologues concernant ce cas. Comme c‘était déjà demontré dans les études de Tobias Singelnstein, des poursuites judicaires concernant des policier.e.s sont très rares. C‘est la raison pour laquelle nous approuvons les resultats du procureur Dombert, qui s‘est positionné d’une façon critique déjà au début des investigations. 

 Néaumoins on veut critiquer le fait que les resultats des investigations ont été retardé plusieurs fois et sont publiés aujourd‘hui, plus que trois mois plus tard qu‘annoncé à l’origine. Ceci a été très dur, surtout pour la famille de Mouhamed. Malgré le succès de ces investigations, qui ont été exigées entre autres par une pression massive de l’opinion publique, nous continuons à critiquer le fait que les services de police enquêtent les uns sur les autres. On ne peut pas considérer ceci comme des investigations indépendantes ou objectives. C‘est pour cela que nous revendiquons des institutions indépendantes pour des enquêtes contre la police.  

 A part ceci on veut souligner le fait que l‘evaluation officielle de la mort de Mouhamed en tant qu’homicide est un grand pas vers une perception critique de la violence policière létale. Jusqu‘a ce point ceci a été presque impossible car elle crée une énorme fissure dans la confiance de la population envers la police.  C‘est ainsi que cela devient une base pour une reforme des concepts d’intervention et rend un point de vue critique vers la police accessible. 

 Selon nous le ministre d‘intérieur Herbert Reul doit être mis dans le focus.  

 Le jour après la mort de Mouhamed, Herbert Reul s‘est placé au front de la police pour la protéger. Il affirmait qu‘on „s‘est caché dans un coin pendant que quelqu‘un les attaquait avec un couteau“. Ce narrativ a été falsifié tellement vite que le ministre n‘avait que l‘option de se cacher derrière l‘affirmation qu‘il ne racontait que l‘histoire qui lui avait été raconté par la police.  

 Cette forme de loyalité non-reflecté entre la politique et la police est exemplaire pour les problèmes qui se tirent à travers ces institutions.  

 Pour nous, il est de la responsabilité de la politique d’évaluer chaque situation de manière objective et d’établir une distinction claire entre le pouvoir législatif et le pouvoir exécutif. 

 C‘est une tâche apparemment trop grande pour le ministre. Ces affirmations ont dessiné une image publique de l‘incident et de Mouhamed, selon lequel le jeune soit un jeune agressif et dangereux qui attaque la police. Ça a été une lutte pour la famille et les supporters de Mouhamed que de déconstruire cette image.  

 Les consequences politiques et émotionales que ces affirmations ont eues ne semblent pas être présents pour le ministre. Le ministre soutient ici des stereotypes racistes qui marquent la perception des jeunes migrants et réfugiés en Rhénanie-du-Nord-Westphalie. Une excuse ou reflection n‘a pas eu lieu jusque‘à ce moment. 

 „On va suivre de près le déroulement du procès et continuer à essayer d’intégrer les souhaits de la famille de Mouhamed dans chacune des étapes.“ dit Sarah Claßmann, attaché de presse du groupe de solidarité. Nous allons continuer à travailler pour des conséquences et justice pour Mouhamed et nous espérons que cette accusation exemplaire obligera les auteurs d’autres cas de violences policières létales à répondre de leurs actes. 

 No justice, no peace – Pas de justice, pas de paix 

Criminal charges against five police officers of the police station Nord in Dortmund!

Press release of the solidarity group (Solidaritätskreis) Mouhamed, February 14, 2023

On February 14, there have been new developments in the investigation concerning the violent death of the 16 year old Mouhamed Lamine Dramé who was was killed by the police on August 8, 2022. 

The conclusion of the investigation has been postponed for several months and the results have been announced only now, instead of at the end of october 2022. The charges will be as follows:

Mouhamed’s death on 08.08.2022 was a homicide ordered by the officer-in-charge with preceding bodily injury by pepper spray and taser. According to press reports, in addition to the shooter charged of manslaughter, the officer-in-charge is also accused with inciting dangerous bodily harm. In addition, three other police officers must answer charges for dangerous bodily injury.

We consider this a success in the processing of deadly police brutality!

„The indictment is a logical consequence considering everything we know about Mouhamed’s death. Nevertheless, we are convinced that this is an achievement of the public pressure we have built up during the last months.“ says Sarah Claßmann, spokesperson for the solidarity group.

The results of the criminal investigation now confirm previous evaluations of the death of Mouhamed by leading criminologists. As studies of Tobias Singelnstein have already shown, the criminal prosecution of police officers accused of excessive violence is an absolute rarity. This is the reason why we welcome the results of the investigation led by prosecutor Dombert who raised doubts about the police operation already early on during the investigation.

Nevertheless, we want to stress that the results have been delayed again and again and have finally been released more than three 3 months later than originally anounced. This has been very challenging, particularly for Mouhamed’s family. Despite the succesful investigative work, which also demanded great public pressure, we still criticize the common practice of police departments investigating each other. These are not independent and objective investigations. We therefore strongly demand independant investigative institutions. 

Despite all this, we want to emphasize that the official assessment of Mouhamed’s death as a homicide is a big step towards a critical public perception of deadly police violence. Until now, this has been nearly impossible in our society, because it undermines the whole trust of the population. Therefore, this can initiate reforms of the operational protocols and can enable a critical examination of the institution police.

Importantly, the Minister of the Interior in NRW, Herbert Reul must now again be brought into critical focus.  

Already on the day after the homicide the minister put himself protectively in front of the police officers. According to Reul, they had „entrenched themselves in a corner, while being attacked by a person storming towards them with a knife“. This narrative has been disproved by the evidence so quickly that the minister himself had to hide behind the statement: He had only reproduced what the Dortmund Police had reported to him.

This unreflected form of loyality between politics and police is exemplary of the problems that run through our institutions.

To us, it is the responsibility of politicians to evaluate each situation objectively and also to create a professional distance between the legislative and executive branches.

This task apparently goes beyond the capabilities of this Minister of the Interior. His initial statements have shaped a public picture of Mouhamed as an agressive teenager who assaulted the police – an image that Mouhamed’s family and supporters have been trying to deconstruct ever since.

Herbert Reul seems to be unaware of the political and emotional impact these statements have on the family.

Here, the Minister of the Interior serves racist stereotypes that shape the perception of young migrants and refugees in North Rhine-Westphalia. An apology or reflection of this wrongful framing has not followed so far.

„We will closely monitor the trial and continue to try to incorporate the wishes of Mouhamed’s family.“ says Sarah Claßmann, spokesperson of the solidarity group. We will fight for justice for Mouhamed and hope that through this exemplary prosecution, offenders in other cases of deadly police violence will also face consequences.

No justice, no peace

Anklage gegen fünf Polizist*innen der Polizeiwache Nord!

Heute wurden neue Erkenntnisse im Fall Mouhamed Lamine Dramé bekannt, nachdem der Jugendliche am 08.08.22 durch die Polizei getötet wurde.
Die Verkündung der Ermittlungsergebnisse wurde mehrfach verschoben und steht nun heute, anstatt wie angekündigt bereits Ende Oktober, zur Verfügung. Es wird folgende Anklage erhoben:

Mouhameds Tod am 08.08.22 war ein Tötungsdelikt angeordnet durch den Einsatzleiter mit vorangegangener Körperverletzung durch Pfefferspray und Taser. Presseberichten zufolge wird neben dem wegen Totschlags beschuldigten Schützen auch der Einsatzleiter wegen Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung angeklagt. Außerdem müssen sich drei weitere Polizist*innen wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten.

Dies werten wir als Erfolg in der Aufarbeitung tödlicher Polizeiarbeit!
„Die Anklage ist eine logische Konsequenz aus den Fakten, die über Mouhameds Tod bekannt sind. Wir sind jedoch davon überzeugt, dass dies auch eine Errungenschaft des zivilgesellschaftlichen Drucks ist, den wir in den letzten Monaten aufbauen konnten“, so Sarah Claßmann, Sprecherin des Solidaritätskreises.
Die Ermittlungsergebnisse decken sich mit den bereits öffentlichen Einschätzungen führender Kriminolog*innen zum 08.08.2022. Wie bereits die Studien von Tobias Singelnstein gezeigt haben, ist eine Strafverfolgung im Anschluss an Polizeigewalt eine absolute Seltenheit. Dementsprechend begrüßen wir die Ermittlungsergebnisse unter Staatsanwalt Dombert, welcher sich bereits ganz zu Beginn der Arbeit kritisch gegenüber dem Einsatz äußerte.

Dennoch wollen wir anprangern, dass sich die Ergebnisse immer wieder verzögerten und nun letztendlich mehr als drei Monate nach dem ursprünglich angedachten Veröffentlichungstermin erschienen sind. Dies ist vor allem für die Familie von Mouhamed sehr belastend gewesen. Trotz der erfolgreichen Ermittlungsarbeit, die unter anderem auch durch massiven Druck in der Öffentlichkeit gefordert wurde, kritisieren wir immer noch die Tatsache, dass hier Polizeidienststellen gegeneinander ermitteln. Dies sind keine unabhängigen Ermittlungen. Wir halten daher unsere Forderung nach unabhängigen Ermittlungsstellen weiterhin hoch.

Trotzdem möchten wir unterstreichen, dass die offizielle Einschätzung von Mouhameds Tod als Tötungsdelikt ein großer Schritt ist hinsichtlich einer öffentlich kritischen Wahrnehmung von tödlicher Polizeigewalt. Bislang ist diese nahezu undenkbar in der Gesellschaft gewesen, da sie einen riesigen Riss durch das Vertrauen der Bevölkerung zieht. Dementsprechend kann dies nun als Grundlage einer Reform der Einsatzkonzepte dienen und ein weiteres kritisches Hinterfragen der Institution Polizei anschlussfähig machen.

Unserer Einschätzung nach muss NRW-Innenminister Reul nun noch einmal kritisch in den Fokus gerückt werden.
Bereits am Tag nach der Tat stellte sich der CDU-Politiker schützend vor die Einsatzbeamt*innen. Man habe „sich in einer Ecke verschanzt, während jemand mit einem Messer auf sie zustürmt“. Dieses Narrativ wurde bereits so kurzfristig durch die Beweislage widerlegt, dass sich Herbert Reul selbst hinter der Aussage verschanzt. Er habe nur wiedergegeben, was die Polizei Dortmund ihm berichtet habe.
Diese unreflektierte Form der Loyalität zwischen Politik und Polizei ist beispielhaft für die Probleme, welche sich durch diese Institutionen ziehen.

Für uns steht es in der Verwantwortung der Politik jeder Situation gegenüber objektiv entgegenzutreten und auch eine klare Abgrenzung zwischen Legislative und Exektuive zu schaffen.

Das ist eine Aufgabe, welcher der Innenminister klar nicht gewachsen zu sein scheint. Seine ersten Aussagen prägten das erste öffentliche Bild des Einsatzes, demzufolge Mouhamed als ein aggressiver Jugendlicher, welcher die Polizei angreift, gezeichnet wurde – ein Bild, welches Mouhameds Familie und Unterstützer*innen seitdem versuchen müssen zu dekonstruieren.
Welche politischen und emotionalen Auswirkungen diese Aussagen des Innenministers für die Familie haben, scheint Herbert Reul wohl nicht bewusst.
Der Innenminister bedient hier rassistische Stereotype, welche die Wahrnehmung von migrantisierten und geflüchteten Jugendlichen in NRW prägen. Eine Entschuldigung oder Reflektion dieser Tragweite folgte bislang nicht.

„Wir werden das Prozessgeschehen eng begleiten und weiter versuchen, die Wünsche von Mouhameds Familie in jeden der Schritte einfließen zu lassen“, so Sarah Claßmann, Sprecherin des Solikreises. Wir werden weiter an Konsequenzen und Gerechtigkeit für Mouhamed arbeiten und hoffen, dass sich durch diese beispielhafte Anklage auch Täter*innen in anderen Fällen von tödlicher Polizeigewalt verantworten müssen.
No justice, No peace.

Redebeitrag auf der Lützerath-Tag X-Kundgebung in Dortmund

Liebe Mitstreiter*innen, liebe Freund*innen, liebe Passant*innen,

Ich spreche hier für den Solidaritätskreis Mouhamed. Wir haben uns vor ein paar Monaten gegründet, nachdem die Dortmunder Polizei den 16-jährigen Mouhamed Lamine Dramé ermordet hat. Wir befassen uns mit strukturellen Problemen innerhalb der Polizei in Dortmund und darüber hinaus. Wir solidarisieren uns mit der Verteidigung von Lützerath. Ihr fragt euch, warum wir das tun und was wir auf einer Klima-Demonstration machen? Das ist ganz einfach. Auch hier müssen wir über das Verhalten der Polizei reden. Die Räumung ist nur möglich, weil die Polizei eine von strukturellen Problemen durchsetzte Organisation mit einem riesigen Gewaltproblem ist.

Eigentlich sollte die Polizei gegen die Klimasünder*innen von RWE vorgehen, die völlig enthemmt unsere Zukunft verheizen. Was macht die Polizei stattdessen? Das genaue Gegenteil! Sie lässt sich wiedermal bereitwillig vor den Karren von RWE und Landesregierung spannen. Sie hilft dabei, die Profitinteressen einiger Weniger gegen den Mehrheitswillen der Bevölkerung und gegen Völkerrecht und Grundgesetz durchzusetzen.

Das ist nicht neu, das kennen wir bereits. Schon 2018 hatten wir eine ähnliche Situation, als RWE den Hambacher Forst räumen lassen wollte, um an die Kohle darunter zu kommen. Auch damals hatte die Landesregierung irgendwelche Gründe erfunden, um die Räumung zu rechtfertigen. Ein Gericht hat inzwischen klargestellt, dass diese Gründe erlogen waren. Die versuchte Räumung war illegal. Das war der Landesregierung völlig bewusst. Und das war auch der Polizei völlig bewusst. Interessiert hat es sie damals nicht, dass sie geltendes Recht gebrochen haben. Viel zu verlockend war die Aussicht, endlich einmal das ganze Kriegsgerät wie z.B. Räumpanzer einzusetzen, das man sich angeschafft hat. Wie wir alle wissen, ist die Räumung des Hambacher Forsts am großen Widerstand der Besetzer*innen und der überwältigenden Solidarität von vielen tausend Menschen gescheitert. Dennoch hat die Räumung ein Menschenleben gekostet und viele Aktivist*innen wurden von Reuls Prügeltruppen zusammengeschlagen und in den Knast gesteckt.

Klimaaktivist*innen sind eines der Hauptziele von Polizeigewalt. Das geschieht zum Beispiel bei Aktionen von Ende Gelände, wo es regelmäßig zu Übergriffen kommt. Da werden Polizeihunde auf Rolltuhlfahrer*innen gehetzt. Es wird ohne jegliche Provokation Pfefferspray gegen Menschengruppen eingesetzt. Menschen in Polizeikesseln wird über Stunden der Zugang zu Toiletten und Verpflegung verwehrt. Menschen, die gewaltlos Polizeiketten durchfließen wollen, werden durch Schlagstöcke die Knochen gebrochen. Das alles ist kein Zufall, sondern pure Absicht. Es soll abschrecken und die Menschen von ihrem verfassungsmäßigen Recht zu protestieren abhalten. Es soll jeglichen Widerstand gegen die Konzern-gesteuerte Politik brechen, und wenn Menschen dabei zu Schaden kommen oder sogar sterben, dann ist das mit eingeplant und Teil der Strategie.

Ganz aktuell sieht man Polizeigewalt auch immer wieder bei Aktionen der Letzten Generation. Wir sehen es alle mit großer Bestürzung, wie brutal hier teilweise Straßenblockaden geräumt werden. Menschen, die sich auf die Fahrbahn geklebt haben, werden einfach weggerissen, ohne Rücksicht darauf, dass das schwerwiegende Handverletzungen zur Folge haben kann. Es werden sogenannte Schmerzgriffe angewandt, was schlicht und ergreifend verbotene Folter ist. Und es warden Gesetze zur Terrorismusbekämpfung vorgeschoben, um friedliche Demonstrant*innen über Wochen in den Knast zu stecken. Warum die Polizei das macht? Ganz einfach, weil sie es können. Weil dieses sadistische Verhalten für Polizist*innen fast nie Konsequenzen hat.

Weniger als 2 Prozent der angezeigten Gewaltdelikte durch Polizist*innen führt überhaupt zu einer Anklage, und davon nur ein Bruchteil zu einer Verurteilung. Dabei ist es auch oftmals egal, ob es gute Beweise wie Videos gibt, solange Polizei gegen sich selbst „ermittelt“ und die Justiz kein Interesse hat, Polizeigewalt zu verfolgen. Wenn man in Deutschland eine Uniform trägt, dann ist das ein Freifahrtschein zur Gewalttätigkeit ohne Konsequenzen. Die Politik weiß das. Sie tut nicht nur nichts dagegen, sondern fördert das Ganze auch noch. Die Vereinten Nationen, der Europarat und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte prangern die ausufernde Polizeigewalt in Deutschland und die mangelnde Aufarbeitung schon seit Jahren an. Aber es ändert sich rein gar nichts. Im Gegenteil, die Befugnisse der Polizei werden ständig ausgeweitet, die Polizei militärisch hochgerüstet. Wir bewegen uns immer weiter in Richtung eines autoritären Polizeistaats.

Wir leben in einer Welt, in der die Polizei die Gesellschaft kontrolliert und nicht anders herum. Wir wollen aber in so einer Welt nicht leben! Aber was können wir dagegen machen?

Was politische Veränderungen von oben angeht, können wir uns nicht darauf verlassen, dass sie jemals kommen werden. Die Grünen, die einmal eine Partei der Klimagerechtigkeit waren, drücken inzwischen aus Machtversessenheit rücksichtslos die Konzernpolitik von RWE durch und sind ganz vorn dabei, wenn es darum geht Klimaaktivist*innen zu kriminalisieren. Und die Bundesinnenministerin der einstmals linken Partei SPD verteidigt rassistische Übergriffe durch die Polizei. Von diesen angeblich progressiven Parteien können wir nichts erwarten. Nein, es rettet uns kein höheres Wesen, kein Kaiser noch Tribun. Uns aus dem Elend zu erlösen können wir nur selber tun! 

Was die Polizei angeht: Wann immer ihr könnt, dann zeigt denen, dass sie nicht mit ihrer Gewalt und ihrem Rassismus durchkommen. Seid solidarisch mit Betroffenen, helft wenn ihr könnt, stellt eine Öffentlichkeit dar, produziert Beweise von Übergriffen in Form von Bildern und Videos. Redet in euren Familien und Freundeskreisen und auf der Arbeit. Klärt Menschen, die wenig Berührung mit der Polizei haben darüber auf, wie strukturell rassistisch und gewaltvoll diese Polizei ist. Macht klar, dass das Märchen vom „Freund und Helfer“ eben nichts weiter als ein Märchen ist. Wir brauchen ein gesellschaftliches Bewusstsein für das Polizeiproblem, nur dann kann sich etwas ändern.

Außerdem müssen wir als Zivilgesellschaft Strukturen aufbauen, die dafür sorgen, dass die Macht der Polizei eingeschränkt und die Polizei eines Tages abgeschafft wird. Das können beispielsweise Copwatch-Gruppen sein. Wir müssen in unseren Vierteln selbstorganisierte Strukturen aufbauen, die wir anstatt der Polizei rufen können, wenn es Konflikte gibt oder wenn Menschen in existentiellen Krisen sind. Strukturen, denen die Menschen vertrauen können. Wir rufen alle Menschen auf, sich an daran zu beteiligen. Nächsten Montag, nach der #Justice4Mouhamed-Mahnwache, wird es im Nordpol ein Vernetzungstreffen von Defund The Police Dortmund geben, wo es genau um solche Lösungen geht. Wir würden uns freuen, wenn viele von euch sich anschließen!

Was Lützerath angeht: Es braucht jetzt alle von uns. Jede einzelne Person zählt! Die Polizei ist gut darin, Gewalt anzuwenden und Angst und Schrecken zu verbreiten. Aber wenn sich ihnen zu viele Menschen in den Weg stellen, dann werden sie damit nicht erfolgreich sein. Auch wenn ihr euch nicht direkt der Räumung entgegenstellen könnt oder wollt, könnt ihr helfen. Je mehr Menschen sich im Umkreis um Lützerath aufhalten, desto mehr Kräfte sind dort gebunden und können nicht an der Räumung teilnehmen. Je mehr Kundgebungen, Demonstration und andere kreative Aktionen wie Hausbesetzungen oder Straśenblockaden in Dortmund und anderswo stattfinden, desto mehr Polizei wird hier gebunden sein. Die Polizei zieht massive Kräfte in Lützerath zusammen. Aber die Zeit spielt gegen sie. Am 20.1. geht die Fußballbundesliga wieder los, danach bald der Straßenkarneval, und die Rodungssaison geht nur bis Ende Februar. Bis dann muss Lützerath unräumbar sein. Und auch wenn ihr euch nicht selbst der Räumung entgegenstellen könnt, dann helft dabei, Polizeigewalt zu dokumentieren, indem ihr Videos und Berichte auf Social media teilt. Solidarisiert euch mit Gefangenen, indem ihr Mahnwachen organisiert und Briefe in den Knast schreibt. Unterstützt Aktivist*innen auf der Durchreise, indem ihr Schlafplätze bereitstellt. Spendet Geld und Gegenstände, die gebraucht werden. Klärt euer Umfeld darüber auf, was dort gerade an Unrecht passiert.

Es gibt viele Möglichkeiten, sich der Räumung entgegen zu stellen. Nur gemeinsam können wir es schaffen, aber gemeinsam können wir es wirklich schaffen! Solidarität mit Lützerath! One struggle, one Fight – abolish the police, Lützi bleibt!

Was ist »Abolitionismus«?

Buchvorstellung und Gespräch mit Daniel Loick und Vanessa Thompson
Mitschnitt der Veranstaltung vom 18.11.2022 in leicht gekürzter Form. Erschienen zuerst bei Radio Nordpol am 19.11.2022.

Begleittext von Radio Nordpol:

Am 08.08.2022 tötete die Polizei Dortmund den 16-jährigen Mouhamed Lamine Dramé in der Nordstadt. Mouhamed, der aus dem Senegal nach Deutschland geflüchtet war, war in einer psychischen Krise und äußerte Suizidgedanken. Der Tod von Mouhamed Lamine Dramé hat uns alle erschüttert. Denn diese Geschichte ist bei Weitem kein Einzelfall. Seit der Wende sind alleine durch Schusswaffen mindestens 318 Menschen in Polizeieinsätzen getötet worden. Der Großteil der Todesfälle durch Polizeibeamt*innen ist bis heute nicht hinreichend aufgeklärt, geschweige denn aufgearbeitet worden. Wie die Kampagne „Death in Custody“ dokumentiert, bleiben viele Opfer namenlos und unbetrauert. Die meisten Täter*innen bleiben unbestraft.

Gemeinsam mit Vanessa E. Thompson (Queen´s University, Canada) und Daniel Loick (Universtität Amsterdam) möchten wir am Vorabend der bundesweiten Demonstration in Gedenken an Mouhamed und die Tausenden weiteren Opfer tödlicher Polizeigewalt am 19.11.22 darüber sprechen, welche Konzepte von ziviler und emanzipatorischer Sicherheit wir in der Nordstadt einsetzen könnten. Denn die Bewohner*innen der Nordstadt können nicht in die Sicherheit durch Polizei und Staat vertrauen.

Wir nehmen diese Situation zum Anlass, um über Loicks und Thompsons neues Buch „Abolitionismus. Ein Reader“ (erschienen Juli 2022 im Suhrkamp Verlag) zu sprechen:
 »Abolitionismus« bezeichnet die politische und soziale Bewegung in den USA, die die Überwindung staatlicher Gewaltinstitutionen wie Gefängnis und Polizei fordert und alternative Praktiken erprobt. In der Tradition des Kampfes gegen die Versklavung Schwarzer Menschen betonen Abolitionist*innen die rassistische Geschichte staatlicher Gewaltapparate und ihre Komplizenschaft mit Formen kapitalistischer Ausbeutung und patriarchaler Unterdrückung. 

Veranstaltet von Defund the Police Dortmund in Kooperation mit:
Solidaritätskreis Mouhamed justice4mouhamed.org
Radio Nordpol https://radio.nrdpl.org
Antifa Café Dortmund https://antifacafedortmund.noblogs.org
Forum gegen Rassismus Dortmund https://fgrdo.noblogs.org
NoCamDo https://www.nocamdo.org/

Kämpferische Großdemo in Dortmund: 2500 Menschen fordern Gerechtigkeit für Mouhamed Lamine Dramé

Unter dem Motto „Es gibt 1000 Mouhameds. Sie verdienen Gerechtigkeit!“,
gedachten rund 2500 Menschen dem im August von der Dortmunder Polizei
ermordeten Mouhamed Lamine Dramé. Außerdem wurde deutlich gemacht: Es
handelt sich um ein strukturelles Problem, nicht um einen Einzelfall.

Friedlich, aber kraftvoll und lautstark kamen unterschiedliche
Initiativen aus dem ganzen Bundesgebiet zusammen, die sich kritisch mit
dem gewalttätigen Vorgehen der Polizei und den dahinterliegenden
rassistischen und autoritären Strukturen beschäftigen und Aufklärung für
zahlreiche, durch Einsätze verursachte Todesfälle fordern.

Die vom Bündnis Justice4Mouhamed organisierte Demonstration startete an
den Katharinentreppen gegenüber des Dortmunder Hauptbahnhofs mit einem
emotionalen Redebeitrag der Familie Dramé. Die Familie ist traurig und
schockiert. „Unsere Mutter ist seit Mouhameds Tod in einem Zustand der
Untröstbarkeit. Unser Vater ist nach seinem Verschwinden in einem
Schock.“ Dass der Fall Mouhamed die Dortmunder Stadtbevölkerung zutiefst
beschäftigt, wurde durch Redebeiträge der lokalen afrikanischen
Community deutlich. Auch nach drei Monaten trifft die Brutalität der
Polizei, insbesondere der Wache Nord, auf Unverständnis und Wut.

Die durch Hamburger Gitter abgeriegelte Nordwache ist war auch der erste
Stopp des Demonstrationszuges. Das Demobündnis fordert die Schließung
der Nordwache. Bereits seit längerer Zeit steht die Nordwache in der
Kritik für unverhältnismäßige verbale und physische Gewalt. Vor allem
Vorwürfe des Rassismus werden immer wieder aus dem Viertel erhoben.

Die Recherchegruppe Death in Custody betonte hier in ihrem Grußwort, wie
wichtig eine zivilgesellschaftliche Gegendarstellung zu den
polizeilichen Narrativen ist und dass Initativen hartnäckig den
öffentlichen Druck aufrecht erhalten müssen. Durch akribische
Dokumentionsarbeit zu rassistisch motivierten, tödlichen
Polizeieinsätzen trägt das Netzwerk maßgeblich zur Sichtbarkeit dieser
bei. Es wird deutlich: Es braucht Alternativen zur Polizei. Dies betonte
im Anschluss ebenfalls das Forum gegen Polizeigewalt und Repression,
welches keine Reformen, sondern transformative Gegenentwürfe fordert.

Unter lautstarker Begleitung durch Parolen, welche die Polizeipraxis
skandalisierten, ging es durch die Nordstadt Richtung Dortmunder U. Dort
folgte unter anderem eine beeindruckende Rede der Initiative Oury
Jalloh. Diese kämpft seit 17 Jahren für den in einer Gewahrsahmszelle
verbrannten Oury Jalloh. „Wir werden einen langen Atem brauchen, um
Missstände aufzudecken und die Öffentlichkeit zu erreichen. Dabei sehen
wir die Initiative Oury Jalloh als inspirierende Verbündete.“, äußert
Sarah Claßmann, Sprecherin des Solidaritätskreises.
Der kaum beachtete Todesfall eines Obdachlosen vor einem Monat, dessen
Name bis heute nicht bekannt ist, wurde durch die
Bürger*innen-Initiative „Schlafen statt Strafen“ aufgegriffen. Der Mann
starb nach dem Einsatz eines Tasers, die seit 2020 in Dortmund
regelmäßig Anwendung finden. Die Initiative macht deutlich, wie
unprofessionell die Institution Polizei mit Menschen in Krisen- und
Notsituationen umgeht. „Gerade vulnerable Gruppen, die keine Stimme
haben sind besonders heftig Polizeigewalt ausgesetzt. Diese
klassistische Praxis kritisieren wir zutiefst!“, skandalisiert die
Rednerin. Die Ermittlungen gegen die Polizei sind in diesem Fall
vorerst eingestellt.

Für viel Interesse der Innenstadtbesuchenden sorgte der
Demonstrationszug auf dem Westenhellweg. Die zahlreichen Schilder mit
den Gesichtern der Opfer und den Rufen nach Gerechtigkeit zogen die
Aufmerksamkeit von Passant*innen auf sich. Viele drückten ihre
Zustimmung aus und applaudierten.

Bei der Abschlusskundgebung auf dem Friedensplatz sprach die Mutter des
2020 in Amsterdam ermordeten Sammy Baker, mit welcher der
Solidaritäskreis im Austausch steht. Viele Menschen zeigten sich zu
Tränen gerührt. „Wir sind sehr ergriffen von den persönlichen Worten und
bewundern die Stärke und Ausdauer der Familie“, so Sarah Claßmann.

Der Solikreis resümiert: „Wir sind überwältigt von der großen
Beteiligung. Die bundesweite Vernetzung mit anderen Initiativen ist eine
gute Voraussetzung für Aufmerksamkeit unserer Anliegen. Auch in Zukunft
kämpfen wir gemeinsam gegen Polizeigewalt. Unsere Arbeit geht auch nach
der heutigen Demonstration weiter.“ 

Pressemitteilung zu den Berichten des WDR und SPIEGEL am 18.11.2022

 

Mouhamed stirbt ,planmäßig‘: Erschießung ohne Bedrohungslage

Presseartikel1 dokumentieren den aktuellen Ermittlungsstand um die Umstände, die zur Erschießung des 16-jährigen Jugendlichen geführt haben: Demnach ging von Mouhamed zu keinem Zeitpunkt eine Bedrohung aus. Vielmehr macht ein Artikel des Spiegel deutlich, dass es sich um die planmäßige Durchführung eines vierstufigen Einsatzplanes handelte, denn die Dramaturgie des Einsatzes gab die direkte Reihenfolge von Pfefferspray, Tasereinsatz und Erschießung vor. Ein solches planmäßiges Vorgehen kann nur mit Rassismus erklärt werden: Denn die Vorstellung einer Bedrohungslage ist bereits in den Köpfen der Beamt*innen, ehe sie den Hinterhof der Jugendhilfeeinrichtung erreichen.

Dieser Bericht, nur einen Tag vor der Großdemonstration, die in Gedenken an den von der Polizei ermordeten Mouhamed stattfinden soll, untermauert die Forderungen des Demobündnisses Justice4Mouhamed.

Einem weiteren Bericht des WDR2 zufolge, wurde keine Warnung vor dem Einsatz von Pfefferspray und Taser ausgesprochen. Mouhamed saß bis zu diesem Zeitpunkt noch ruhig auf dem Boden, ohne die Beamt*innen zu bedrohen. Zur Eskalation kam es einzig durch das unangemessene Vorgehen der Polizei. Standards, die bei Einsatz von Tasern gelten, wurden übergangen, der ganze Einsatz dauerte nur wenige Minuten. Mouhamed wurde weder adäquat angesprochen, noch gab es einen Warnschuss.

Diese neuen Erkenntnisse bestätigen unsere Forderungen, wie Pressesprecherin Sarah Claßmann betont: „Der Mord an Mouhamed muss lückenlos aufgeklärt und als solcher behandelt werden. Die am Einsatz beteiligten Polizist*innen müssen zur Verantwortung gezogen werden. Es braucht Alternativen zu einer gewaltvollen, hochgerüsteten Polizeipraxis und der Einsatz von Elektroschockern muss gestoppt werden.“

Doch nicht nur einzelne Beamt*innen haben das Leben Mouhameds auf dem Gewissen, sondern sein Tod ist die Konsequenz einer repressiven, rassistischen und diskriminierende Einsatzlogik der Polizei mit hohem Gewaltpotential. Mouhameds Tod zeigt, wie strukturell falsch eine stark militarisierte Polizei in Einsätze geht. 

In der Dortmunder Nordstadt kann dies besonders gut beobachtet werden, denn sie entwickelte sich zum Experimentierfeld verschiedenster Repressionsstrategien: Anlasslose „Schwerpunktkontrollen“, wöchentliche Razzien durch Hundertschaften, Zivilkräfte die außerhalb jeder Rechenschaft regelrecht Jagd auf Menschen machen; eine ‚Blackbox Wache Nord‘ in deren Gewahrsamszellen Menschen misshandelt werden, der Einsatz von Elektro-Tasern und Maschinenpistolen in Einsatzfahrzeugen, die Beamt*innen nach eigener Auslegung zum Einsatz bringen.

Nicht zuletzt zeigen die nun veröffentlichten Einsatzdetails, wie inadäquat eine auf repressives Vorgehen gedrillte Polizei mit Menschen in psychischen Krisen umgeht. Mouhamed hätte Hilfe gebraucht, keine Polizei die sich mit Pfefferspay, Tasern und Maschinenpistolen vor ihm aufbaut. 

„Die nun veröffentlichten Einzelheiten zum Tathergang im Innenhof der Jugendeinrichtung zeichnen das Bild eines desaströsen Polizeieinsatzes – sind jedoch bei etwas weiterer Betrachtung nur Symptome tieferliegender, systemischer Probleme“, so Sarah Claßmann, Pressesprecherin des Bündnisses. Von Mouhamed ging keinerlei Gefahr aus, dies scheint nun sogar die Aktenlage der Staatsanwaltschaft herzugeben. „Eskaliert hat hier einzig und allein die Polizei“, so Claßmann weiter.

Das Demobündnis fordert daher: „Der Fall von Mouhamed ist kein Einzelfall und darf auch nicht als solcher behandelt werden“. Offizielle Statistiken gibt es zwar nicht, aber durch die gute Dokumentationen von Recherchenetzwerken wie „Death in custody“, wird deutlich: People of Colour und Menschen in psychischen Ausnahmesituationen sind häufig Opfer von Polizeigewalt. Deswegen gehen wir morgen unter dem Motto „Es gibt 1000 Mouhameds. Sie verdienen Gerechtigkeit!“ umso entschlossener auf die Straße.

Ein liveübertragenes Gespräch mit der Familie von Mouhamed wird morgen zu Beginn der Demonstration geführt. Tausende Kilometer entfernt vom Todesort ihres Sohnes betrauern und verarbeiten sie seinen Tod und müssen sich darauf verlassen, dass die Umstände seines Todes nicht nur aufgeklärt werden, sondern auch Konsequenzen nach sich ziehen. Dem fühlt sich das Demobündnis seit Beginn der Arbeit verpflichtet und ruft jede*n dazu auf dabei zu unterstützen!

1 https://www.spiegel.de/panorama/justiz/dortmund-so-schildert-ein-augenzeuge-den-toedlichen-polizeieinsatz-last-man-standing-a-663c7d96-1272-45c9-959a-c588002ffe69

2 https://www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebiet/neue-erkenntnisse-mouhamed-nicht-gewarnt-100.html

Praktische Hinweise

Hier sind noch ein paar wichtige praktische Hinweise für die Demo am 19.11. Falls euch noch eine Information fehlt, dann kontaktiert uns gerne über Social Media oder per E-Mail.

Hier geht es zur Demokarte mit Überblick über die Route und die anderen Stationen.

Zieht euch warm an!

Es wird voraussichtlich nur 3 °C warm werden, und die Demoroute ist lang! Zieht euch so an, dass ihr es einige Stunden aushaltet, ohne dass ihr friert. Falls ihr euch zwischendrin aufwärmen wollt, dann schaut am besten mal im Nordpol vorbei (Bornstr. 144). Hier könnt ihr euch hinsetzen und bekommt was warmes zu Trinken. Außerdem Gebäck und auch Kaltgetränke. Und die Tresencrew freut sich immer über einen netten Plausch!

Der Nordpol hat ab 11 Uhr geöffnet. Nach der Demo geht es dort nahtlos weiter mit dem Abendprogramm.

Ihr erreicht den Nordpol bequem zu Fuß von den Routenabschnitten in der Nordstadt, oder mit den U-Bahnlinien U42 und U46, Haltestelle Brunnenstraße (von dort weniger als 200 m zu Laufen).

Gute Schuhe? Oder lieber abkürzen?

Die Route ist lang – fast 5 km. Daher ist gutes Schuhwerk von Vorteil. Außerdem ist etwas zu Trinken im Rucksack auch eine gute Idee, da die Demonstration wahrscheinlich ungefähr 3 Stunden lang gehen wird.

Unsere grobe Zeitplanung (das kann sich aber noch ändern!):

13:30 Uhr: Auftaktkundgebung Hbf
14:15 Uhr: Zwischenkundgebung Nordwache
15:15 Uhr: Zwischenkundgebung Platz von Buffalo
16:30 Uhr: Endkundgebung Friedensplatz

Für Menschen, die nicht die ganze Strecke gehen können oder möchten, gibt es aber auch viele Möglicheiten, abzukürzen. Es gibt unterwegs einige U-Bahn-Stationen, unter anderem direkt am Ort der zweiten Zwischenkundgebung (Haltestelle Westentor) und nicht weit von der ersten Zwischenkundgebung (entweder Hauptbahnhof oder Haltestellen Brüggmannplatz und Leopoldstraße) und der Abschlusskundgebung (Haltestelle Stadtgarten). Wir werden auch noch einen groben Zeitplan veröffentlichen, wann wir ungefähr an welcher Kundgebung sein werden.

War noch was?

Ihr wisst ja, Corona. Und ihr kennt es ja, bitte vorher testen, gerne Maske tragen, bei Symptomen daheim bleiben. Es ist leider immer noch wichtig.