Pressemitteilung vom Solidaritätskreis Justice4Mouhamed, anlässlich der Großdemonstration zum Prozessende

Der Solidaritätskreis Justice4Mouhamed ruft für den 14. Dezember ab 13:15 Uhr zu einer Großdemonstration mit Start an den Katharinentreppen (gegenüber Dortmund Hbf) auf, um dem von der Polizei erschossenen Mouhamed Lamine Dramé zu gedenken und das Urteil im gerade zu Ende gekommenen Gerichtsprozess zu skandalisieren. An der Demonstration werden die Familie Dramé sowie weitere Familien von Opfern von Polizeigewalt sowie verschiedene zivilgesellschaftliche Initiativen aus Dortmund und darüber hinaus teilnehmen.

Auf der Demonstration sprechen unter anderem Mamadou Saliou Diallo, der Bruder des vor fast 20 Jahre in einer Polizeizelle in Dessau verbrannten Oury Jalloh, die Initiative Schlafen statt Strafen, welche sich mit Wohnungslosigkeit befasst und die tödlichen Polizeieinsätze an zwei Wohnungslosen 2022 und 2024 in Dortmund beklagt, das Kollektiv Afrik NRW, der Solikreis Biriq sowie die Antiableistische Aktion Ruhr, die jüngst eine Kundgebung in Bochum abhielt, nachdem im Oktober dort eine psychisch auffällige Person von der Polizei erschossen wurde.
Seit Dezember 2023 wurde der tödliche Einsatz gegen Mouhamed Dramé vor dem Dortmunder Landgericht verhandelt. Dabei blieben die strukturelle Dimension von (tödlicher) Polizeigewalt sowie der Mensch Mouhamed und seine Familie unsichtbar. Der Solidaritätskreis und andere solidarische Prozessbeobachter*innen mussten beobachten, wie eine Notwehrsituation für die Beamt*innen und somit eine Täter-Opfer-Umkehr inszeniert wurde. Die Staatsanwaltschaft erkannte jedoch am 29. Prozesstag an, dass es sich nicht um eine Notwehrsituation handelte, weil kein Angriff von Mouhamed ausging. Sie gestand den Beamt*innen aber ein, sich fälschlich in einer Notwehrlage gesehen zu haben – wodurch sie nur wegen Fahrlässigkeit statt Vorsatz belang werden können („Erlaubnistatbestandsirrtum“), und forderte für alle vier, außer dem Einsatzleiter, Freisprüche. Wie es zu dieser Annahme kommen konnte, ist dem Solidaritätskreis bis heute unklar: Der Notruf der Jugendhilfeeinrichtung wurde aufgrund einer suizidalen Gefahr getätigt, bei der Mouhamed sich selbst in einer Ecke kauernd ein Messer an den Bauch hielt. Die Situation war bis zum Einsatz einer Flasche Pfefferspray statisch, auf welchen hin erst Mouhamed apathisch aufrichtete. Pressesprecher*in Anna Neumann beklagt: „Leider mussten wir viele Falschdarstellungen, in denen Mouhamed als aggressiver Messerangreifer stilisiert wurde, beobachten. Diese Darstellung befeuert rassistische Erzählungen, die gerade in einer Zeit, in der die AfD viel Zuspruch erhält, fatal sind.“

Das Urteil des Prozesses hielt sich an die Plädoyers der Angeklagten: Alle Polizist*innen wurden freigesprochen. Der Solidaritätskreis sieht darin ein Fehlen von Verantwortungsübernahme und Reflexion. Kritisiert wird die Schuldabwehr bezüglich rassistischer, ableistischer und klassistischer polizeilicher Einstellungen, die sich in Einsatzkonzepten mit tödlichen Folgen niederschlagen. „Mouhameds Brüder Sidy und Lassana Dramé fordern, dass so etwas nie wieder passiert. Seit Mouhameds Tod sind jedoch bereits zahlreiche weitere Menschen durch oder in den Händen der Polizei gestorben. Mouhamed ist kein Einzelfall.“, stellt Neumann fest.
Eine ehrliche, aufrichtige Entschuldigung steht noch immer aus. 

Für die Zukunft stellt der Solidaritätskreis folgende Forderungen:
– Anerkennung, dass Mouhamed von der Polizei getötet wurde, obwohl es alternative Handlungsmöglichkeiten gab!
– Verantwortungsübernahme, Reflexion und aufrichtige Entschuldigung bei Mouhameds Familie
– Ausbau von niedrigschwelligen Angeboten und Anlaufstellen für Menschen in sozialen Not- und Krisensituationen
– Etablierung einer unabhängigen Beschwerde- und Kontrollinstanz gegenüber der Polizei
– Rücknahme des Polizeigesetzes NRW und den Einsatz von Tasern. Taser sind tödliche Waffen!
– Kein Neubau der Wache Nord
– Diskussionen zu Alternativen der Polizei

Pressekontakt: Anna Neumann, Solidaritätskreis Justice4Mouhamed: solidaritaetskreismouhamed@riseup.net

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