Der 13. Prozesstag in Kürze:
Im folgenden Bericht werden Aspekte der Tat vom 8. August 2022 benannt.
- Heute fand die Einlassung des wegen Totschlag angeklagten Schützen, Fabian S., statt. Dieser ist seit dem 1. September 2022 vom Dienst suspendiert.
- Der Prozesstag beginnt mit der Verlesung eines Beschlusses der Kammer bezüglich der Prüfung des Beweisverwertungsverbotes. Die Kammer hat entschieden, dass im weiteren Verlauf des Prozesses individuell entschieden wird, ob die damals als Zeug*innen getätigten Aussagen der Angeklagten verwendet werden können.
- Darüber hinaus verkündet Richter Kelm, dass es weiterhin möglich sein wird, dass Zuschauer*innen analog mitschreiben.
- Die Schilderungen von Fabian S. über das Tatgeschehen reihen sich in die vorherigen Aussagen der Polizist*innen ein. Er rechtfertigt seine Schussabgabe damit, dass er sich „in dem Moment in [seinem] Leben bedroht gefühlt“ habe, durch das Messer in Mouhameds Hand.
- Auch er bedient sich der Schuldumkehr, indem er behauptet, dass Mouhamed durch ein Tor im Zaun hätte fliehen können, anstatt auf die Polizist*innen zuzugehen. Hinter diesem Tor, auf der anderen Seite des Zauns, standen drei weitere Polizist*innen. Darüber hinaus behauptet er, dass wenn Mouhamed sich langsamer bewegt hätte, Zeit für einen Warnschuss gewesen wäre. Aufgrund der Bedrohungslage, durch die kurze Distanz zwischen Mouhamed und den Polizist*innen, hätte es keine Zeit für einen Warnschuss gegeben. Wir sehen jedoch sowohl den vermeintlichen Zeitdruck als auch die geringe Distanz als selbst geschaffen, durch das Vorgehen der Polizei. Die durch ihr taktisches Vorgehen resultierenden, tödlichen Handlungen waren vermeidbar und sind in ihrer Verantwortung – nicht Mouhameds.
- Makaber mutet S. Schilderung über die Schussabgabe an: “Man ist froh, wenn man überhaupt trifft.” Er habe auf die Körpermitte Mouhameds gezielt, da aufgrund dessen Laufbewegungen die Treffsicherheit/Trefferquote verringert werde und somit die größte Körperfläche anvisiert werde.
- Aufgrund der Nachfrage durch die Staatsanwaltschaft wird erstmals deutlich, dass Fabian S. sich bereitwillig erklärt hat als Sicherungsschütze zu fungieren. In saloppem Sexismus erklärt er den Anwesenden – ohne seiner Kollegin Pia B. nicht zu nahe treten zu wollen – habe er die MP5 genommen, da er nicht wusste, wie lange der Einsatz gehe und die Maschinenpistole auf die Dauer schwer werde.
- Durch eine Vorhaltung der Nebenklage aus Chatprotokollen des Angeklagten erschließt sich, dass dieser am 16.08.2022 zu einem Schießtraining gegangen ist und Schießübungen mit einer MP5 absolviert hat.
- Während des Verhandlungstages betont Fabian S. immer wieder die Rechtmäßigkeit des Tatgeschehens am 08. August und stellt ihr Vorgehen nicht in Frage.
- Er hat das geplante Vorgehen bei der Einsatzbesprechung nicht hinterfragt – auch nicht, ob der Einsatzplan für eine suizidgefährdete Person geeignet ist. Für ihn gab es nur die Option, dass Mouhamed das Messer fallen lässt, wenn das Pfefferspray eingesetzt wird. Er hat nicht daran gedacht, dass Mouhamed versuchen könnte aus der Situation zu fliehen.
- Am Ende der Verhandlung bittet der Angeklagte darum kurz etwas sagen zu dürfen. Er richtet seine Worte direkt an die anwesenden Brüder Sidy und Lassana und entschuldigt sich bei der ganzen Familie Dramé für den Tod Mouhameds und spricht ihnen sein Mitgefühl aus.
Die Entschuldigung ist bei den Brüdern angekommen und sie behalten es sich vor eine Antwort auf diese demnächst zu veröffentlichen. Für uns als Solidaritätskreis erkennen wir an, dass Sidy und Lassana das erste Mal während des Gerichtsprozesses direkt angesprochen werden und eine Anerkennung ihres Leids zur Sprache kommt. Das war ihnen ein wichtiges Anliegen. Es sollte jedoch nicht unbeachtet bleiben, dass dieses Statement strategisch klug gesetzt war – sowohl medial, als auch in Bezug auf sein zu erwartendes Strafmaß. Der Angeklagte erzeugt durch das Statement eine Menschlichkeit, welche sein (anhaltendes) Leid durch die Tat zentriert und somit Identifikationspotenzial für die Verfahrensbeteiligten, Zuschauer*innen als auch Medien bieten soll. Diese Instrumentalisierung des Leids der Familie Dramé weisen wir entschieden zurück!
- Die Verteidiger der angeklagten Polizistinnen Pia Katharina B. und Jeanine Denise B. verkündeten, dass weiterhin unklar ist, ob ihre Mandantinnen noch Aussagen tätigen werden.
Weiter geht es am Mittwoch, den 5. Juni um 9:30. Dort sollen zwei weitere Mitarbeiter*innen der Jugendhilfeeinrichtung befragt werden. Wir freuen uns wie immer über solidarische Prozessbeobachter*innen (Eingang Hamburger Straße 11) sowie Teilnahme an unserer Mahnwache ab 7:30 vor dem Gericht (Kaiserstraße 34). Für die Teilnahme am Prozess empfiehlt sich, schon gegen 7:30 vor Ort zu sein, um sicher einen der ca. 50 Plätze zu bekommen.
Alle Folgetermine bis September siehe https://justice4mouhamed.org/prozessbegleitung/
Ausführlicher Bericht zum 13. Prozesstag:
Bericht vom 13. Prozesstag – 22.05.2024
Im folgenden Bericht werden Aspekte der Tat vom 8. August 2022 benannt.
Der heutige Prozesstag wurde von großem medialen Interesse und vielen Zuschauer*innen – sowohl solidarischen Menschen, als auch Polizeiangehörigen – begleitet. Denn es fand die Einlassung des wegen Totschlag angeklagten Schützen, Fabian S., statt. Die Stimmung beim Einlass war angespannt und von Konflikten zwischen Polizist*innen, Angehörigen der Angeklagten und solidarischen Menschen geprägt.
Zu Beginn seiner Einlassung wird benannt, dass Fabian S. seit September 2022 vom Dienst suspendiert ist und seitdem sowohl keine Waffen mehr tragen, als auch keine Polizeieinrichtungen mehr betreten darf.
Beweisverwertungsverbot bleibt – eingeschränkt – bestehen
Der Prozesstag beginnt mit der Verlesung eines Beschlusses der Kammer bezüglich der Prüfung des Beweisverwertungsverbotes. Die Kammer hat entschieden, dass im weiteren Verlauf des Prozesses individuell entschieden wird, ob die damals als Zeug*innen getätigten Aussagen der Angeklagten im Prozess verwendet werden können. Die Angeklagten seien damals als Zeug*innen vernommen worden, obwohl bei der ermittelnden Polizei Recklinghausen „übereinstimmend Anhaltspunkte für mögliche Beschuldigungen“ vorhanden waren. Als Polizeibeamte seien die Angeklagten mit dem Gesetz vertraut und hätten deshalb wissen können, dass sie auch Beschuldigte sein könnten. Doch gerade deswegen konnten sie laut Richter Kelm während ihrer Befragung noch davon ausgehen, dass gegen sie kein Tatverdacht bestünde. Daher hätten die Angeklagten ein Recht auf Schutz und einer Unverwertbarkeit ihrer Aussagen. Diese kann jedoch im Einzelfall aufgehoben werden, wenn eine Relevanz durch einen neuen Erkenntnisgehalt für den Prozess garantiert wird. Daher sei die Beanstandung der Nebenklage grundsätzlich richtig gewesen. Für ihn ginge aber nichts Wesentliches zur Verwertung aus den damaligen Aussagen hervor. Sollte die Nebenklage jedoch Punkte daraus einbringen wollen, würde dann im Einzelfall über das Beweisverwertungsverbot in diesem Fall entschieden.
Darüber hinaus verkündet Richter Kelm, dass es weiterhin möglich sein wird, dass Zuschauer*innen analog mitschreiben. Beim letzten Verhandlungstag fiel ihm aufgrund der geringen Zuschauer*innenzahl auf, dass einige von ihnen mitschrieben. Dies wies er zuerst an, zu unterbinden. Nun wird es aber weiter möglich sein.
Nach den anfänglichen Verkündungen des Richters beginnt Fabian S. mit seiner Einlassung. 2016 hat er ein duales Studium bei der Polizei begonnen und trat im Rahmen dessen 2017 auf der Wache Nord seinen Dienst an. Die anderen Angeklagten kennt er seitdem.
Schuldumkehr
Seine Schilderungen über das Tatgeschehen reihen sich in die vorherigen Aussagen der Polizist*innen ein. Er rechtfertigt seine Schussabgabe damit, dass er sich „in dem Moment in [seinem] Leben bedroht gefühlt“ habe; durch das Messer in Mouhameds Hand.
Aus Chatnachrichten geht hervor, dass der Angeklagte „Unverständnis über das, was der Presse [von Seiten der Staatsanwaltschaft, Anmerkung d.R.] mitgeteilt wurde, kundgetan“ hat. In den Veröffentlichungen der Staatsanwaltschaft ging es um die Frage, ob sich Mouhamed auf die Polizist*innen zubewegt habe, was aus S. Sicht nicht in Frage zu stellen sei: „Jeder Zeuge sagt, dass er am Ende 1,5 m bei uns war. Wie soll das funktionieren? Aber gut, ich darf mich hier nicht aufregen.“ [Mitschrift aus dem Auszug einer Chatnachricht]
Auch er bedient sich der Schuldumkehr, indem er behauptet, dass Mouhamed durch ein Tor im Zaun hätte fliehen können, anstatt sich in Richtung der Polizist*innen zu bewegen. An viele Details will der Angeklagte sich nicht mehr erinnern, doch dass dieses Tor für Mouhamed als alternativer Fluchtweg erreichbar gewesen sei, weiß er noch sehr genau – ungeachtet der Tatsache, dass sich dahinter drei weitere Polizist*innen befanden und somit auch wieder eine Gefahrensituation für diese konstruiert werden könnte. Darüber hinaus behauptet er, dass wenn Mouhamed sich langsamer bewegt hätte, Zeit für einen Warnschuss gewesen wäre. Aufgrund der Bedrohungslage durch die kurze Distanz zwischen Mouhamed und den Polizist*innen, hätte es keine Zeit für einen Warnschuss gegeben. Wir sehen jedoch sowohl den vermeintlichen Zeitdruck als auch die geringe Distanz als selbst geschaffen, durch das Vorgehen der Polizei. Die aus ihrem taktischen Vorgehen resultierenden, tödlichen Handlungen waren vermeidbar und liegen in ihrer Verantwortung – nicht Mouhameds.
Die Möglichkeit, dass Mouhamed nach der Pfeffersprayabgabe versuchen könnte aus der Situation zu fliehen, sei ihm nicht in den Sinn gekommen. Aufgrund seiner bisherigen Berufserfahrung sei er, wie auch die anderen Polizist*innen, davon ausgegangen, dass Mouhamed das Messer fallen lässt. Aus seiner Erfahrung mit „bewaffneten Tätern aus der Nordstadt“ sei er nicht davon ausgegangen, dass Mouhamed sich auf sie zu bewegen würde. „[…] wenn [eine] Waffe auf einen gerichtet [ist], läuft man nicht auf ihn zu, sondern bleibt stehen und legt alles ab; hab damit gerechnet, dass er das tut und sich festnehmen lässt.“ Weshalb sollte Mouhamed sich festnehmen lassen, fragen wir uns? S. zeichnet durch diese Schilderungen ein Bild von Mouhamed als Gefahr, wie sie üblich sei in der Nordstadt, einem „kriminalitätsbelasteten Ort“. Diese rassistisch aufgeladene Einschätzung von Mouhameds Verhalten innerhalb des sozio-politischen Kontextes der Nordstadt zeigt, welch großen Einfluss rassistisches Erfahrungswissen und verräumlichtes Handeln auf das taktische, tödliche Vorgehen der Polizei hatte.
Darüber hinaus sei Fabian S. davon überzeugt, dass Mouhamed wusste, dass es sich um einen Polizeieinsatz gehandelt habe; aufgrund ihrer Uniformierung und der hörbaren Funkgerätgeräusche. Auf Nachfragen kann er jedoch nicht bestätigen, dass es zwischen ihnen Augenkontakt oder ein anderes Anzeichen gegeben habe, dass Mouhamed sie wahrnahm.
Aussagen zum Zielen mit Maschinenpistole
Makaber mutet S. Schilderung über die Schussabgabe an: “Man ist froh, wenn man überhaupt trifft.” Er habe auf die Körpermitte Mouhameds gezielt, da aufgrund dessen Laufbewegungen die Treffsicherheit und Trefferquote verringert werde und somit die größte Körperfläche anvisiert werde. In Folge der Nachfrage durch die Staatsanwaltschaft wird erstmals deutlich, dass Fabian S. sich bereitwillig erklärt hat als Sicherungsschütze zu fungieren. In saloppem Sexismus erklärt er den Anwesenden – ohne seiner Kollegin Pia B. nicht zu nahe treten zu wollen – habe er die MP5 genommen, da er nicht wusste wie lange der Einsatz gehe und die Maschinenpistole auf die Dauer schwer werde.
An die Formulierung des Einsatzleiters, er sei der „last man standing“ will sich S. nicht erinnern. Er habe von dieser Formulierung erstmalig in der Presse zu Prozessbeginn gehört. Die Nebenklage hält ihm vor, dass sein Anwalt exakt diese Formulierung schon in einem Schreiben im März 2023 verwendete. Ob dies von ihm autorisiert worden sei – auch daran will der Schütze sich nicht erinnern.
Durch eine Vorhaltung der Nebenklage aus Chatprotokollen des Angeklagten erschließt sich, dass dieser am 16.08.2022 zu einem Schießtraining gegangen ist und Schießübungen mit einer MP5 absolviert hat.
Polizeiliche Selbstvergewisserung nach dem Einsatz
Während des Verhandlungstages betont Fabian S. immer wieder die Rechtmäßigkeit des Tatgeschehens am 8. August und stellt das polizeiliche Vorgehen nicht in Frage. Dennoch frage er sich angeblich jeden Tag ob er etwas anders hätte machen können. Eine dienstliche Besprechung, in der das Vorgehen des Einsatzes nachbesprochen wurde, gab es laut S. nicht. Man habe sich unter Kolleg*innen darüber unterhalten und die eigenen Wahrnehmungen wurden geteilt. In der Videokonferenz mit Polizeipräsident Lange sei dieser seiner „Fürsorgepflicht“ nachgekommen, indem er Angebote zur psychologischen Betreuung aufzeigte; „so allgemeine Floskeln, die ein Vorgesetzter schon mal macht“.
Durch Vorhaltungen des vorsitzenden Richters kommt ein Chatverlauf mit einem Vorgesetzten zur Sprache. Dieser habe S. nach dessen Suspendierung seine Unterstützung zugesichert und meinte, er werde schauen, was er für S. tun könne. Außerdem habe der Angeklagte genau so gehandelt, wie der Vorgesetzte es von ihm erwartet hätte. Dieser Vorgesetzte sei, laut Richter Kelm, der einzige gewesen, der von einer eindeutigen Notwehr des Angeklagten gesprochen habe.
Richter Kelm liest eine Chatnachricht des Angeklagten aus einer WhatsApp Gruppe an seine Kolleg*innen vor: „Hallo Leute, ich will euch auch mal persönlich mitteilen, wie es mit mir weiter geht. Ich bin vom Dienst suspendiert und darf das Gebäude nicht mehr betreten… wie lange das jetzt dauert ist unklar, hoffe ich kann bald wieder bei euch sein und werde euch vermissen, will mich ganz herzlich für eure Unterstützung bedanken, das gibt viel Kraft und macht es alles erträglicher, gerade noch mit S. [Name des Vorgesetzten, Anmerkung d. R.] gesprochen. Er steht nach wie vor hinter uns und setzt sich ein, und gibt das Versprechen, dass wir alle wieder auf unsere Dienststelle können nach Abschluss. In diesem Sinne…“ [Zitiert nach Mitschrift]
Diese Chatverläufe verdeutlichen den internen Umgang der Polizei nach Einsätzen mit gewaltvollen, auch tödlichen Einsätzen. Polizist*innen werden von ihren Kolleg*innen und Vorgesetzten so lange wie möglich gedeckt und sogar unterstützt. Das verdeutlicht, dass Kritik mutmaßlich kollegial besprochen wird, aber strukturell konsequenzlos bleibt.
Wessen Leid zählt oder: White tears auf der Anklagebank
Auf die Frage, wie S. auf die Mitteilung über Mouhameds Tod reagiert hat, antwortet dieser, dass es sich so angefühlt habe, als sei die Zeit kurz stehen geblieben. Er sei in Schock gewesen, könne das gar nicht in Worte fassen; es sei als wenn sein „Herz kurz stehen geblieben“ wäre. Staatsanwalt Dombert greift S. Schilderungen über sein emotionales Erleben von Mouhameds Tod auf und bittet ihn, diese auszuführen. Dombert begründet seine erneute Nachfrage in Bezugnahme auf das Eröffnungs-Statement durch die Verteidigung des Angeklagten am ersten Prozesstag. Dieses sei von Menschen sehr unterschiedlich aufgenommen worden und S. jetzige Schilderungen wichen durch ihre Emotionalität davon ab. Durch diese Nachfrage bietet die Staatsanwaltschaft dem Schützen erneut eine Bühne seine Menschlichkeit unter Beweis zu stellen und somit wird sein Leid, sein Erleben der Situation im Gerichtsprozess zentriert – nicht das der Familie Dramé. Nichtsdestotrotz wirkt der Schütze ehrlich angefasst und den Tränen nahe.
Am Ende der Verhandlung bittet der Angeklagte darum, kurz etwas sagen zu dürfen. Er richtet seine Worte direkt an die anwesenden Brüder Sidy und Lassana, entschuldigt sich bei der ganzen Familie Dramé für den Tod Mouhameds und spricht ihnen sein Mitgefühl aus. Die Entschuldigung ist bei den Brüdern angekommen und sie behalten es sich vor, demnächst eine direkte Antwort auf diese zu veröffentlichen. Für uns als Solidaritätskreis ist hervorzuheben, dass Sidy und Lassana bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal während des Gerichtsprozesses direkt angesprochen wurden und eine Anerkennung ihres Leids zur Sprache kam. Das war ihnen ein wichtiges Anliegen. Es sollte jedoch nicht unbeachtet bleiben, dass dieses Statement strategisch klug gesetzt war – medial, als auch in Bezug auf das von Fabian S. zu erwartende Strafmaß. Der Angeklagte erzeugt durch das Statement eine Menschlichkeit, welche sein (anhaltendes) Leid durch die Tat zentriert und somit Identifikationspotenzial für die Verfahrensbeteiligten, als auch Zuschauer*innen und Medien bieten soll. Diese Instrumentalisierung des Leids der Familie Dramé für seine möglichen strafrechtlichen Vorteile weisen wir entschieden zurück!
Die institutionelle Nähe zwischen Justiz und Polizei drückt sich abermals in der wohlwollenden Behandlung des Angeklagten seitens der Kammer aus. Die Befragung ist geprägt von Suggestivfragen und die Antworten des Angeklagten werden des Öfteren vorweggenommen. Dadurch wurde erneut eine Atmosphäre geschaffen, welche sich in die im bisherigen Prozessverlauf zu beobachtende konträre Behandlung von Berufs- und Zivilzeug*innen, einreiht.
Die Verteidiger der Angeklagten Polizistinnen Pia Katharina B. und Jeanine Denise B. verkünden, dass weiterhin unklar ist, ob ihre Mandantinnen noch Aussagen tätigen werden.
Weiter geht es am Mittwoch, den 5. Juni um 9:30. Geplant waren die Befragungen zweier Mitarbeiter*innen der Jugendhilfeeinrichtung. Heute hat der Verteidiger Lars Brögeler verkündet, dass seine Mandantin, Jeanine Denise B., zum morgigen Prozesstag eine Einlassung machen wird. Wir freuen uns wie immer über solidarische Prozessbeobachter*innen (Eingang Hamburger Straße 11) sowie Teilnahme an unserer Mahnwache ab 7:30 vor dem Gericht (Kaiserstraße 34). Für die Teilnahme am Prozess empfiehlt sich, schon gegen 7:30 vor Ort zu sein, um sicher einen der ca. 50 Plätze zu bekommen. Alle Folgetermine bis September siehe https://justice4mouhamed.org/prozessbegleitung/