Offener Brief an die Stadt Dortmund

Sehr geehrter Herr Westphal, sehr geehrte Stadtgesellschaft,

fast 500 Tage nachdem Mouhamed Lamine Dramé durch die Polizist*innen der Dortmunder Nordwache erschossen wurde, kommt es nun zum Prozess. Fünf der am Einsatz beteiligten Beamt*innen müssen sich vor Gericht verantworten. Das öffentliche Interesse an dem Fall ist enorm und auch der Druck auf die Nordwache ist hoch. Denn von ebendieser Wache ging der Einsatz aus, der den kurz zuvor aus dem Senegal geflohenen Mouhamed das Leben kostete.

Der Start des Verfahrens stößt auf großes mediales Interesse und auch wir als zivilgesellschaftliche Initiative werden den Prozess begleiten. Neben unserer Arbeit auf der lokalen Ebene ist uns besonders wichtig, der Familie Dramé ein Sprachrohr zu sein. So begrüßen wir selbstverständlich, dass die Familie Dramé bereits im November die Gelegenheit erhalten hat, mit der finanziellen Unterstützung des Integrationsrat der Stadt Dortmund, am Tatort zu trauern. Wir begrüßen eine Verwendung von Steuermitteln, um diesen Aufenthalt zu finanzieren.

Allerdings kamen bei der sehr spontanen Ankunft auch Fragen auf:

Warum bekommen wir als zivilgesellschaftliche Initiative erst kurz vor Ankunft von Vater und Bruder davon mit?

Die bestehenden Kontakte zwischen dem Solidaritätskreis Mouhamed und einzelnen Akteur*innen der Stadt Dortmund wurden nicht genutzt, um diese wichtige Information über die Ankunft von Vater und Bruder weiterzuleiten. Sidy Dramé, der Bruder von Mouhamed, war äußerst überrascht, dass es keinen Informationsfluss gab und wurde dazu angehalten nichts zu erzählen. In einem Fall, der so hohes öffentliches Interesse hervorbringt sollten auch zivilgesellschaftliche Initiativen in die Arbeit eingebunden werden. Glücklicherweise hatten wir die Gelegenheit Familie Dramé während des gesamten Aufenthaltes dennoch zu unterstützen.

Warum erfolgt der etwa einwöchige Aufenthalt so kurz vor dem Prozess, so ist es doch ein verständlicher Wunsch von Familie Dramé am Prozess teilzunehmen?

Von Beginn an ist klar, dass die Familie Dramé dem Gerichtsverfahren beiwohnen möchte. Während unserer Mahnwachen, der Großdemonstrationen, bei denen jeweils über 1000 Menschen auf den Straßen von Dortmund demonstrierten und Gerechtigkeit für Mouhamed forderten, wurde dieses Begehren vielmals zum Ausdruck gebracht. Auch in den Ruhr Nachrichten wird diesem essentiellen Wunsch Ausdruck verliehen.

Warum wird die Anwältin, welche die Familie in der Nebenklage vertritt, nicht über die Anreise der Familie informiert?

Die Tatsache, dass, die Anwältin von Familie Dramé nicht mit ausreichendem Vorlauf über deren Aufenthalt informiert wird, halten wir für sehr problematisch, da eine Abstimmung mit der juristischen Vertretung selbstredend vor Ort enorme Vorteile hat. Dass Lisa Grüter als Rechtsbeistand der Familie einberufen wurde, ist der Lokalpresse zu entnehmen.

Wir bitten freundlichst um Stellungnahme zu den oben genannten Fragen.

Zudem fordern wir Sie auf die Kosten für eine Anreise zum Prozess der Familie Dramé zu übernehmen sowie Visaangelegenheiten schnellstmöglich zu klären.

Familie Dramé hat in Dortmund einen Sohn verloren. Eine Teilnahme am Gerichtsverfahren ist die Stadt Dortmund dieser Familie schuldig.

Der Solidaritätskreis Justice4Mouhamed

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